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Die CP-Seife

Vielleicht hat ein kleiner Junge beim Herumrennen die Keramikschale mit Ziegentalg umgestossen. Oder es geschah, als die Erwachsenen ums Feuer sassen und mit ausladenden Armbewegungen über das Leben in der Gemeinschaft diskutierten. Jedenfalls kam damals, vor über 4000 Jahren, das Ziegenfett irgendwie mit Asche in Berührung. Und irgendwer bemerkte daraufhin, dass es diese Mischung in sich hatte. Das Fett und die Asche gingen eine magische Verbindung ein: Die erste Seife war entstanden. Ihre Entdecker, die Sumerer, benutzten die besondere Mixtur fortan zur Ver­sorgung von Wunden. Seife war für sie ein Heilmittel.
   das Kaltverfahren oder englisch für cold process CP
   das Heissverfahren oder englisch für (oven) hot process OHP

Von Hand hergestellte Seife unterscheidet sich prinzipiell von industriell gefertigten Flüssigseifen.

Heutzutage gibt es verschiedene Methoden zur Seifengewinnung, welche anders zum selben Ziel führen und die alle ihre Vor- und Nachteile haben:
Ich arbeite meistens mit dem Kaltverfahren (CP), manchmal benutze ich aber auch das Heissverfahren, wenn ich zum Beispiel besonders pflegende Öle in eine Seife einbringen möchte ohne das sie komplett verseifen oder wenn ich einen Duft habe, der blitzartig Beton aus dem Seifenleim zaubert. 
Zur Seifenherstellung verwende ich entweder pflanzliche Öle und Fette oder ein Gemisch aus tierischen Fetten mit Rapsöl, Olivenöl, Kokosfett oder anderen Ölen. Da die natürlichen Fette und Öle aus den verschiedensten Ölarten zusammengesetzt sind, welche die unterschiedlichsten Eigenschaften bezüglich Härte, Schaumbildung und Stabilität besitzen, versuche ich  durch geeignete Mischungsverhältnisse die Eigenschaften der fertigen Seife zu beeinflussen. Ferner gebe ich auch gerne Kräuter, Heilerden, Milch oder andere Dinge in die Seife und dauernd arbeitet das Gehirn, was  Frau alles noch verseifen könnte...


Fette und Öle werden mit Natriumhydroxid (NaOH, eine Laugenverbindung) vermischt. Dabei ist es wichtig, das richtige Verhältnis zu finden. Jedes Öl braucht eine bestimmte Menge an Lauge, um daraus eine Seife bilden zu können, die nicht zu stark basisch oder nicht zu ölig ist. Bei zu geringer Laugenmenge werden nicht alle Öle verseift und die Seife wird schmierig. Dafür gibt es hier genaue Tabellen und mit ein wenig Rechenarbeit kann man die notwendige Laugenmenge auf das Gramm genau bestimmen. Mittlerweile gibt es aber sehr gute Seifenrechner im Internet, die einem die genaue Menge aufgrund des Öl-Fettgemischs ausrechnet, so dass niemand mehr Kopfrechnen muss ;-). 

Nachdem Fett und Lauge vermengt sind, kommt der Prozess der Verseifung. Im Mittelalter wurde den Seifensiedern nachgesagt, dass sie langweilig sind. Kein Wunder, mussten sie früher die Seife stundenlang rühren. Heute geht das schneller, dank fortschrittlichen Haushaltshelfern und viele benutzen zum raschen und sicheren Emulgieren einen Stabmixer.
In diesem Kaltprozess liegt das Geheimnis der handgemachten Seifen. Fette und Öle bestehen chemisch gesehen aus Fettsäuren und Glycerin. Dabei hängen sich an ein Glycerin Molekül drei Fettsäuremoleküle an. Deshalb spricht man auch von Triglyceriden. Beim Verseifen wird dieses Fettmolekül aufgespaltet, die drei Fettsäureteile verbinden sich jeweils mit einem Laugenmolekül und bilden so ein "Salz" aus Säure und Base, also ein Seifenmolekül. Das Glycerin bleibt bei diesem Vorgang übrig. Die Seifenindustrie wäscht gerade dieses Glycerin aus der Seife heraus. Es ist für die Industrie zu wertvoll und es kann anderweitig verwendet werden. Beim Kaltprozess bleibt das natürliche Glycerin aber in der Seife zurück und kann so seine pflegenden Eigenschaften entfalten. Das ist der Grund, warum kaltgerührte Seifen viel sanfter und auch weicher sind, als industriell hergestellte.

Man kann Farben dem Seifenleim zugeben, dafür geeignet sind spezielle Pigmente oder Micas, welche auch in der Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen. Ausserdem kann man eine Seife heller machen mit Deckweiss, dem sogenannten Titandioxid, welches in kleinen Spuren in den Seifenleim eingerührt werden kann. Manche Seifen sind von sich aus (je nach Fettzusammenstellung) aber schon recht weiss und benötigen das gar nicht.

Eine gute Seife soll auch gut riechen. Das sind wir so gewöhnt, obwohl medizinisch überhaupt kein Grund dafür besteht. Das Wohlbefinden vieler Menschen wird sehr stark von Gerüchen beeinflusst, das kann man nützen und der Seife jene Düfte zugeben, die man mag und die uns positiv beeinflussen.
Ich benutze ätherische Öle, oft aber sind diese berechtigterweise sehr teuer,  so ist etwa bulgarisches Rosenöl mit dem Goldpreis vergleichbar. Dann kommen Parfümöle zum Einsatz, welche eine grosse Vielfalt haben und man auch Düfte bekommen kann, welche nicht als Ätherisch Ölpflanze vorkommen. Sehr gerne lasse ich meine Seifchen aber auch nur NaturPur ohne Duft und aufwändige Farben.


Hat man alle Öle und Farben in die Seife eingerührt kann eingeformt werden. Von Formen gibt es mittlerweile eine sehr grosse Auswahl. Viele Seifensieder benutzen jedoch eine Blockform oder einen Dividor, in denen man aufwändige Swirls und Kunstwerke erschaffen kann. Aber auch wunderschöne Einzelformen sind erhältlich, je nach Geschmack und Vorlieben. 

Die noch junge Seife ist für den täglichen Gebrauch noch zu scharf. Chemisch gesehen ist ihr Verhalten noch stark basisch. Eine Masszahl dafür ist der sogenannte pH-Wert. Er reicht im Bereich der Laugen von pH 7 (neutral) bis zu pH 14 (starke Lauge). Eine junge Seife wird einen Wert zwischen pH 11 und 12 haben. Das kann für empfindliche Haut oder für die Schleimhäute noch stark reizend sein. Nach wenigen Tagen sinkt der pH-Wert aber auf etwa 9 bis 10 herunter. Das ist auch der Wert der handelsüblichen Seifen.
Ein längeres Nachreifen von Wochen oder Monaten führt zu einem Austrocknen der Seife. Reine Olivenölseifen sollen möglichst lange reifen können, bevor man sie anwäscht. Die Seifen schrumpfen dabei etwas und werden härter. Das ist durchaus erwünscht. Handgemachte Seifen werden auch nicht immer lichtecht sein. Lässt man Seife in der Sonne liegen, kann sie sich verfärben. Sie wird gelbstichig, auch können manche Farbpigmente ausbleichen. So kann eine anfangs blaue Seife grün werden oder eine weisse Seife gelb.

Waschlotionen (Syndets) bestehen aus chemischen Tensiden und arbeiten mit einem tiefen ph Wert. Leider entfetten diese Tenside unsere Haut und Waschlotionen enthalten meist bedenkliche Konservierungs-, Duft- und Farbstoffe. 
Naturseife braucht keine Konservierung und bleibt wegen ihrem hohen pH-Wert hygienisch sauber.
Unsere Haut ist sehr wohl in der Lage, einen hohen PH Wert schnell zu korrigieren. Wir glauben, dass diese Entsäuerung durch die Haut wichtig ist und für gesunde Menschen kein Problem darstellt. Bei stark irritierter oder verletzter Allergikerhaut kann Naturseife eine Alternative sein, sie ist aber prinzipiell kein "Allheilmittel".


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